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Einsortiert unter (Allgemein) von traduction.allemand am 26-07-2007

Immer noch auf polnischer Seite fahre ich weiter meines Weges. Bis zum Nachbarort Nowe Czaple, zum Treffen mit Pawełs großer Schwester Gertruda Kaminska. Sie ist 75, ebenfalls in Topform, mit lachenden Augen und vor allem voller Geschichten von früher!

Auch sie erzählt vom Krieg, vom Papa ukrainischer Herkunft, der als deutscher Soldat in den Krieg gezogen ist, von der Mama, die mit den sechs Kindern in der Heimat geblieben ist, und danach von der Front. Neun Wochen Front und viele Tote. “Die polnischen Soldaten sind anschließend gekommen und haben gesagt, dass diejenigen, die wollen, die Neiße überqueren könnten. Wir sind unserer Mutter gefolgt, sie meinte, so sei es besser, um den Vater wiederzufinden, der von der Front kam.” Nach dem Wiedersehen beschloss der Vater, “in die Heimat zurückzukehren”, also die Neiße in die Gegenrichtung noch einmal zu überqueren. “Vielleicht hat er es im Nachhinein bereut, denn bei uns in Polen war es schwieriger als in Ostdeutschland”, sagt Gertruda. Auch sie musste sich anpassen, polnisch lernen, usw.

Und sie erinnert sich an ihre Schwester, die die Unruhen im Zusammenhang mit dem Volksaufstand 1953 in Ostdeutschland und der sowjetischen Unterdrückung ausnutzte, um nach Westdeutschland zu fliehen. “Ich konnte sie das erste Mal 1971 besuchen und konnte nicht schlafen”, erinnert sie sich. “Die Menschen standen Schlange, um in den Geschäften einzukaufen, sie konnten alles kaufen, während bei uns die Regale immer leer waren! Das hat mich angewidert, es hat mich krank gemacht!”

Die Zeiten waren schwierig, Gertruda wird nicht das Gegenteil behaupten. Sie hat ebenfalls lange in der Genossenschaft gearbeitet. Als Köchin. “Wir hatten nicht viel, aber wenigstens etwas Geld am Ende des Monats. Heutzutage findet kein Mensch mehr Arbeit!”, erhebt Gertruda die Stimme. “Ach, erzählen Sie mir nichts von unseren Politikern! Sie kochen da oben ihr Süppchen und wir, die kleinen Leute, können nichts machen!” Ich lasse mir das polnische Sozialsystem erklären: Sechs Monate lang gibt es für die Arbeitslosen, die nicht dreimal in Folge ein Stellenangebot ausgeschlagen, eine finanzielle Unterstützung. Danach nichts mehr. Kein RMI wie in Frankreich, kein Hartz IV wie in Deutschland. Nur noch Durchbeißen, Schwarzarbeit, Gartenanbau zur Selbstversorgung.

Gertrudas Sohn, der den kleinen Familienbetrieb wieder aufgenommen hat, ist selbst arbeitslos. “Er baut zwar seine Kartoffeln an, aber entweder kann er sie gar nicht verkaufen, oder es bringt ihm nichts ein.” Die Familie begrüßt die europäischen Subventionen, die seit drei Jahren fließen, wundert sich aber, warum die Polen weniger erhalten als die anderen europäischen Landwirte.

Sie hat so einige Geschichten erlebt, die Gertruda! Sie könnte mir davon den ganzen Nachmittag erzählen. Aber der Versuchung zum Trotz, ihr noch ein paar Stunden zu lauschen, entscheide ich mich, weiter zu fahren: Ich möchte heute gern noch so zwanzig Kilometer schaffen!



2 Kommentare zu "Begegnung mit Gertruda, Pawełs Schwester, in Nowe Czaple"
de basia am 2. August 2007 um 16:25

musze po polsku bo po niemiecku sie ucze ale nie umiem napisać tego co chcę na pewno fajny ten blog ale szkoda że nie umiem nic przeczytać zazdroszcze takiej podróży

fr hervé am 6. August 2007 um 23:11

L’europe ne résoudra pas (tous) les problèmes avec les subventions…C’est ailleurs qu’il faut chercher les solutions. L’argent n’est qu’un moyen et pas une fin en soit!

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