Archiv für die ‘Allgemein’ KategorieNoch einmal geht es um die Hugenotten, die nach ihrer Aufnahme in der Region während des 17. Jahrhunderts viel zur wirtschaftlichen Entwicklung Brandenburgs beigetragen haben. “Ihr, die Franzosen, seid es, die für den ganzen Tabakhandel verantwortlich seid!”, wirft Matthias ein und klopft mir dabei auf die Schulter. Hier, im Tabak-Museum von Vierraden kann man eine Menge über die Tabakindustrie lernen. “In der Region regnet es nicht sehr oft, aber für den Tabak reicht es”, erklärt mir Matthias weiter und gesteht, dass auch er manchmal Schwierigkeiten hat, Tabak- und Maisfelder zu unterscheiden. Vergnügt und gut gelaunt entdecken wir die Geschichte des Tabaks, die Herstellung von Zigaretten und den Tabakhandel - es gibt da ein Schild, das die Einführung staatlicher Steuern im 18. Jahrhundert beschreibt und gleich darauf eins zum Tabakschmuggel. Im Museumsgarten hat man die Möglichkeit, sich im Auffädeln der Tabakblätter für das Trocknen zu versuchen. Heute ist Tabakblütenfest. Eine Museumsfrau nimmt sich die Zeit, unsere Fragen zu beantworten. Sie selbst kommt aus Gatow, dem Nachbardorf, und ihre Familie hatte beruflich mit Tabak zu tun. Anbau, Trocknung, das Sortieren der trockenen Blätter - sie weiß auf alles Antwort! Schade, dass sie hier nur eine schlecht bezahlte ABM-Stelle hat… denn das Wissen und die Lust, es weiterzugeben, sind definitiv da! Ach, aber wieder mal kann das Veloblog nicht lange bleiben: Matthias hat ein Interview mit einem Journalisten der Märkischen Oderzeitung organisiert… und auch der wöchentliche Anruf von RFI drängt sich in die Tagesplanung. Schließlich gilt es, noch ein paar Leute zu überzeugen, am Sonnabend, dem 25. August zum Begegnungstag nach Stettin zu kommen. Oder aber vom 25. bis 31. August entlang der Grenze bis an die Ostsee zu wandern - wenn nämlich das Veloblog sich all jenen öffnet, die neugierig sind, die Region zu entdecken? Ein großes Dankeschön an 80studio für die Fotos! Was ist die Welt doch klein! Wen sehe ich da auf der polnischen Seite? Matthias, der für ein paar Stangen Zigaretten mit dem Rad gekommen ist - Wiedersehen garantiert! In Schwedt habe ich eine Adresse, eine gute Adresse: die der Familie Manthe, die im Sommer 2005 die Gastfamilie meiner kleinen Schwester war und mir schon damals auf einmalige Art die Region vorgestellt hatte. Hier Klein Ziethen und Gross Ziethen, zwei von den nach dem Edikt von Nantes (1635) aus Frankreich geflohenen Hugenotten gegründete Dörfer. Dort das Museum des Nationalparks “Unteres Odertal” in Griewen, in dem u.a. das System zur Regelung des Wasserstands der Oder erklärt wird. Und natürlich Schwedt, sein zum Hotel gewandeltes Wasserschloss, die “gallische Siedlung” mit ihren Wällen, die nicht vor den Römern, sondern vorm Verkehrslärm und der Chemieanlage schützen sollen, letztere ein wichtiger Arbeitgeber in der Region, obwohl die goldenen Zeiten auch hier vorbei sind. Die Familie erzählt mir von den 60er Jahren, als Paare nach Schwedt kamen um hier zu arbeiten und zu wohnen, in der damaligen Vorzeigestadt mit modernen Wohnungen. Inzwischen wurden die Unternehmen umstrukturiert, rationalisiert und Arbeitsplätze machen sich rar. Die Bewohner müssen anderswo danach suchen und die Häuser leeren sich. Einige Blöcke werden abgerissen, wie in Eisenhüttenstadt, der anderen sozialistischen Stadt weiter südlich. Aber, und das ist sehr faszinierend, andere Blöcke werden umgebaut, wie die “am Waldrand”, wo die großen Blöcke sachkundig zerteilt und in kleinere Wohnkomplexe umgewandelt wurden, weniger hoch und weniger breit, eher wie Pavillions. Die Stadt tut alles, um die Leute zu becircen, aber das kostet, sagt Matthias… Nicht immer leicht… Nun ja: gute Stimmung ist jedenfalls sicher, und wieder einmal lädt mich die Familie Manthe in ein griechisches Restaurant ein. Ein anderes als das vom letzten Mal. DIE Gelegenheit, um bei einem Glas Ouzo über die griechische Bevölkerung von Schwedt zu spekulieren… Es regnet, es regnet, die Erde wird nass… Diesmal bin ich beim Bürgermeister der Gemeinde zu Gast. Nicht nur eine Unterkunft, auch zu essen bekomme ich: gegrillten Fisch aus der Oder. Die Familie hat Besuch aus Danzig, Freunde, die zum Angeln gekommen sind. Aber Platz findet sich immer! Der Tee wird im Garten serviert. Wir reden vom Angeln und vom Handel im Dorf, vom Markt und den Geschäften. Es ist nicht mehr wie kurz nach der Wiedervereinigung, als die Preise noch weit auseinanderlagen. Die Polen kamen bis ans Oderufer, um zu verkaufen, es reichte, einen einfachen Tisch mitten ins Feld zu stellen. Und die Deutschen kamen. Überall gab es Stände. Bis zum Nachbarhügel. Schwer, sich das vorzustellen. Heute hat sich der Handel institutionalisiert. Die einen sind abgereist, die anderen haben ein Geschäft eröffnet. Und wie überall werden Zigaretten verkauft, exotisch anmutende Fruchtsäfte und Alkohol. Aber dank meiner Gastgeber verliere ich langsam meine Skepsis gegenüber den leuchtenden Schildern. Merkwürdigerweise bekommt dieser ganze Handel ein menschliches Gesicht. Nahezu sympathisch. Von dem Hügel aus, auf dem heute keine Stände mehr stehen, beobachte ich das ganze, betrachte den Grenzübergang und Schwedt, die deutsche Nachbarstadt, mit dem Fernglas, das ich mir von der Familie des Bürgermeisters geliehen habe, und vergesse dabei fast die schwierige wirtschaftliche Realität der Region. Man muss sagen, dass sich die Polen damit auskennen! Ungefähr fünf Kilometer von der Grenze entfernt erliege ich dem Charme des hoch gelegenen Dorfes Cedyna, einer Mischung aus alten Gemäuern und Sozialwohnungen mitten im Grünen. Das Zentrum der Gemeinde ist ziemlich belebt und es gibt viele Geschäfte. Wenn man den Schildern in der Sprache Goethes glauben kann, dann kommen immer noch einige Deutsche hierher. Und genießen vielleicht den Luxus des Hotel-Restaurants, das sich im ehemals bedeutenden Zisterzienserkloster befindet. “Der Chef hat es 1997 gekauft und Ende 2005 haben wir eröffnet, nachdem die Restaurationsarbeiten erst einmal abgeschlossen waren.” Radosław Altheim, der Hauptgeschäftsführer, erzählt mir die Geschichte des Anwesens. Das Fundament stammt aus dem 13. Jahrhundert. Der mittelalterliche Stil des Zisterzienserklosters, in dem bis 1555 Nonnen wohnten, ist immer noch erkennbar, ob es sich um die Fenster des Refektoriums handelt (die heutige Rezeption) oder um die Sandsteintore des Restaurants. Dabei stand die Klosteranlage mehrfach in Brand. Die Kirche, der Brunnen und die Ställe sind verschwunden, nur die Mauerreste verraten dem aufmerksamen Betrachter, dass sie einst hier gewesen sind. “Wir haben hier noch keine archäologischen Untersuchungen betrieben, aber der Boden ist sicher reich an Schätzen aller Art.” Hier und dort kann man Spuren der Vergangenheit entdecken. Im ersten Stock, in den früheren Zellen des Klosters, kann man geschmackvoll eingerichtete Zimmer, Wohnungen und eine Lounge mieten, wenn man das Geld dazu hat. “Unsere Kunden sind insbesondere Deutsche und Niederländer”, sagt Radosław und fügt an, die Preise seien deutsch. “Und der Saal wird regelmäßig für Konferenzen und Hochzeitsfeiern gemietet.” Die Umgebung ist traumhaft, und diverse Leistungen werden geboten: Internet, Klimaanlage oder eine Sauna. Alles, um ein Leben wie auf einem Schloß zu führen oder ganz einfach einen Kaffee zu trinken, während man die Panorama- Aussicht genießt und sich die Geschichte der Anlage erzählen und zeigen lässt. Stellt Euch ein ganz kleines Dorf am Ufer der Oder vor, mit alten Gebäuden und ein paar Jugendlichen auf der Straße… und mit einem Geschäft, dem Sklep, wo mir vielleicht jemand sagen kann, wo ich ein Zimmer für die Nacht finden kann, in der es sicher regnen wird. Zahlreiche Menschen, die ich auf dem Weg getroffen habe, haben mich gefragt, wie das so läuft in Polen, wie man sich verständlich macht, wenn man kein Polnisch spricht usw. usw. Ich würde ganz einfach den Sklep empfehlen. Der Sklep, das ist meist ein kleiner Laden, in dem man sich mit Nahrungsmitteln ebenso wie mit Schuhcreme und Zahnpasta versorgen kann, wenn man sie gerade braucht. Aber Vorsicht, bummelt ja nicht zwischen den Regalen herum, nein: ihr müsst der Person an der Kasse sagen, was ihr möchtet, und sie gibt es Euch dann. Wenn dann Spaghetti nicht Spaghetti heißen, lockert das die Atmosphäre! Mit einem Lächeln und vielen Gebärden ist das Abendessen sichergestellt. Und eine andere Kundin, eine Frau aus dem Dorf, nimmt mich unter ihre Fittiche: wir werden ein Zimmer für die Nacht finden. Keine Sorge, sie kennt das, das Herumfahren mit dem Rad. In ihrer Jugend ist sie auch die Straßen der Schweiz, Österreichs und Deutschlands entlanggeradelt. Jeder in seiner Sprache, jeder mit seiner Mimik, verstehen wir uns, und manchmal auch nicht. Dann stehen wir plötzlich vor dem früheren Wohnsitz des hiesigen Lehnsherrn. Ein schönes Gebäude, das gerade renoviert wird. Die Ställe wurden zu Zimmern umgebaut. Wir müssen den Besitzer mit dem Handy anrufen, damit er kommt und uns die Tür aufmacht. Kein Netz. Wir fragen die Nachbarn: kein Telefon. Aber kein Grund zur Panik: Die Frau mit dem Fahrrad fährt ihr Handy holen und läßt mich zum Schwatzen mit den Nachbarn zurück. Toll: wir unterhalten uns über das Veloblog, darüber, dass ich vielleicht mal meine Eltern anrufen sollte, damit sie sich keine Sorgen machen, und zum wiederholten Male über die weiten polnischen Wälder. Dann kommt der Besitzer mit seiner Familie an. Die Türen öffnen sich und ich habe soeben ein Dach überm Kopf gefunden, in einem ehemaligen Bauernhof, der vor fünf Jahren mit dem Ziel gekauft wurde, eine schöne Etappe für die die Region bereisenden Menschen darzustellen. Hier kleine Papageien, dort Pfauen oder vietnamesische Schweine (zahm… in einem Gehege), ein kleiner Teich und ein Grenzstein, der sich in den Hof verirrt zu haben scheint. Der Besitzer zeigt mir seine Antiquitätensammlung in einer Scheune und gibt mir Tipps für die Nacht: die Türen gut verschlossen halten, niemandem aufmachen etc. Verstanden. Nichtsdestotrotz ein kleiner Spaziergang an die Oder… und die Kirche vor einem rosa Abendhimmel… Viele könnten sich jetzt fragen, was man in diesem Nest machen kann, aber ich versichere Euch, es hat alles, um einen schönen Abend zu verbringen! Nicht weit entfernt von einer Eisenbahnbrücke über die Oder, von der viele sich die Wiederinbetriebnahme wünschen, mache ich eine kleine Pause zum Picknick, bevor es weiter geht, um Hohenwutzen zu erkunden. Die kleine Gemeinde kann in ihrer Hauptstraße die Autos zählen, die zu den Tankstellen, Friseurläden und übertriebenen Märkten auf der polnischen Seite fahren. Viele Berliner Nummernschilder: wir sind an dem Ort, an dem Polen geografisch gesprochen der deutschen Hauptstadt am nächsten ist. “Hier fahren alle nur durch. Von ein paar Fahrradtouristen im Sommer mal abgesehen, ist es hier tot”, sagt die Inhaberin eines kleinen Supermarkts auf der deutschen Seite. Ihr Geschäft hätte keine Chance, wäre es nicht so nah am Fahrkartenautomaten. Und sie fügt hinzu, dass man hier mit einem Hartz IV-Empfänger pro Familie rechnen kann. Dank meines Fahrrads überhole ich die etwa 30 an der Grenze stehenden Autos und “bewundere” das Berliner Center. Alles ist auf deutsch. Vom “kostenlosen und überwachten” Parkplatz bis hin zur Tankstelle “mit deutschem Personal”. Und die unendlich kleinen Büdchen spiegeln einmal mehr die wirtschaftlichen Unterschiede der beiden Regionen wider. Hier Konsumenten, dort Verkäufer. Zwischen zwei Dörfern, inmitten einer wunderschönen Landschaft, aber in der Nähe eines Grenzübergangs. Ich denke über den Beitritt Polens zum Schengener Abkommen Anfang nächsten Jahres nach… Die regionalen Auswirkungen des kleinen Theaters in Zollbrücke sind schon bei den Nachbarn spürbar. Die Ziegenfarm der Familie Rubin erreicht ihre höchsten Verkaufszahlen an den Aufführungstagen. Das vertraut mir Michael Rubin an, der Chef des Unternehmens, der sich vor knapp 9 Jahren in dieses Abenteuer gestürzt hat. “Damals war ich arbeitslos, ich musste irgendetwas versuchen, warum also nicht Ziegen. Wir haben uns ca. 60 weiße Ziegen aus der Tschechischen Republik geholt, eine edle Sorte”, erinnert sich Herr Rubin. Zu dieser Zeit war die Tschechische Republik noch nicht in der EU und an all die Formalitäten, um die Tiere einzuführen, erinnert sich Herr Rubin gut! Aber die EU bringt auch so ihre Schwierigkeiten mit sich. Die Marken in den Ohren der Tiere führen zu Infektionen, und die Biomasse-Subventionen lassen den Getreidepreis rasend schnell steigen, so dass auch der Preis der Tiernahrung stark ansteigt. “Wir sind ständig am Rechnen”, sagt Herr Rubin. Damit sind wir in einer Logik, die mir bisher völlig verborgen blieb: “Wir haben auf natürliche Vermehrung durch Paarung und nicht künstliche Besamung gesetzt, aber das bedeutet zusätzliche Kosten. Zum einen muss der Bock gefüttert werden, zum anderen ist die Aufteilung in männliche und weibliche Tiere eher zufällig, was sich auf die Milchabgabe auswirkt.” Noch weitere Entscheidungen wirken sich auf die Abrechnung aus, wie beispielsweise die Frage, ob man die Zicklein nach der Geburt so lang wie möglich saugen lässt, damit sie widerstandsfähiger werden - oder sie so schnell wie möglich entwöhnt, um mehr Milch zu haben. “Kein Tag gleicht dem anderen”, sagt mir Herr Rubin während er mich auf dem Gehöft herumführt, vom Stall über den Melkraum ins Geschäft, in dem regionale Erzeugnisse verkauft werden. Nachdem sie mir Unterkunft und Abendessen angeboten haben, erzählen mir Herr und Frau Rubin, dass Ziegenmilchprodukte auf den polnischen Märkten besser angenommen werden als auf den deutschen. Mit dem Ergebnis, dass jetzt beide Polnisch lernen. “Das hat Vorteile, wenn man mit den Kunden spricht”, sagt Herr Rubin. “Momentan haben wir einen Dolmetscher, aber auch das ist eine Kostenfrage.” Ganz die Geschäftsführer! Auch die meteorologischen Bedingungen, die Temperaturschwankungen der letzten Zeit sind nicht gut: die Ziegen scheinen verstört und geben weniger Milch als üblich. “2,5 Liter im Schnitt anstelle von 3,5.” Wenn das Klima sich wandelt, haben die Gäste der Familie Rubin vielleicht nicht mehr die Möglichkeit, zum Frühstück die Produkte des Hofs zu kosten: Käse, Milch und Salami - und auch nicht ein Eis aus Ziegenmilch zu probieren, wenn sie den Hof besuchen… Schon in Berlin habe ich von dem kleinen “Theater am Rand” gehört. In die Lanschaft eingegliedert und diese in seinen Aufführungen wieder aufnehmend, liegt es ein paar Kilometer nördlich von Neulewin, nicht weit von den Ufern der Oder, in dem winzig kleinen Dorf Zollbrücke, neben einem riesigen Parkplatz. “Hunderte Zuschauer kommen zu den Vorstellungen”, erklärt mir das Schweizer Paar, das aus Berlin gekommen ist, um auf das Haus des berühmten Hausherrn Tobias Morgenstern, einem gefeierten Musiker aus der DDR und Gründervater des Projekts, aufzupassen. Sie führen mich ins Esszimmer von etwa 30 qm, in dem die erste Aufführung vor gut sechzig wie Sardinen gedrängten Menschen stattfand. “Tobias hatte seine Idee im Kopf und Jahr für Jahr hat er sein Theater aufgebaut.” Nach den Vorführungen im Esszimmer wechselten die Zuschauer in den Garten, in dem das Wetter während der Stücke mal Regen, mal Sonnenschein bescherte. Die Zuschauertribünen aus Holz erhielten als erste ein Dach, kurz darauf auch die Bühne. “Tobias hat die ortsansässigen Handwerker gebeten, das Theater mit aufzubauen; das war auch ein Wunsch von ihm, die Region in das Projekt mit einzubeziehen. Darüber hinaus war die Landschaft immer Teil der Ausstattung - die Mauern öffnen sich, so dass sie vor den Augen der Zuschauer sichtbar wird.” Dann zeigen sie mir ein aufgelaufenes Schiffswrack im Garten, das für Hermann Hesses Roman Siddharta verwendet wurde, nachdem das Stück fürs Theater adaptiert wurde. “Die meisten Stücke schreibt Thomas Rühmann”, fügen die beiden Schweizer hinzu, und empfehlen mir wiederzukommen, wenn die Sommerpause wieder vorbei ist. Dieser Ratschlag fällt bei mir sicher nicht auf taube Ohren… Wenn die Leute hier von der Fähre sprechen, dann nie ohne eine gewisse Belustigung. Das liegt daran, dass man schon ein Weilchen auf sie wartet. Herr Skor vom Verein “Bez Granic – ohne Grenzen” kennt sich damit aus. “Die Deutschen wollten die Fähre, um eine alte Tradition wieder aufleben zu lassen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verband sie die Gehöfte der heute polnischen Seite mit den Feldern der heute deutschen Seite. Später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, beherbergten Hotels und Restaurants die Touristen, oft Berliner, die zum Baden gekommen waren. Durch den Zweiten Weltkrieg wurde die Fähre zwischen beiden Seiten abgeschafft. Bis 1990. “Dann haben die Deutschen 1992 beschlossen, sie wieder in Betrieb zu nehmen, aber die Polen verhielten sich ablehnend”, erklärt mir Herr Skor. “Erst 2004 haben sie das wirtschaftliche Interesse verstanden, dass die Fähre ihren Märkten neue Konsumenten bringt.” Es folgen die Formalitäten und ein langer Weg der Diplomatie. “Zu jeder Wahl in Polen wird das Thema wieder neu aufgegriffen, denn die alte Regierung wird immer von einer neuen abgelöst.”, erzählt mir Herr Skor nicht ohne eine gewissen Belustigung. “Kurz vor Weihnachten 2006 erfuhren wir die gute Nachricht: zustimmende diplomatische Vermerke auf deutscher wie auf polnischer Seite, die Vorbereitungen für die Einrichtung einer Fährverbindung können losgehen!” Aus finanziellen Gründen ist die polnische Seite für den Bau der Anlagen zuständig. Die für März geplante Einweihung musste auf Juni verschoben werden, schließlich auf den Herbst. Und - Ironie der Geschichte - diesmal kann niemand sagen, die Polen hätten sich nicht an den Termin gehalten. Denn es war ein deutsches Bauteil, das zum Weiterbau fehlte… Auf jeden Fall freut man sich hier wie dort auf die Fähre, ob sie nun am 2. September oder Anfang Oktober eingeweiht wird. Bis jetzt habe ich Euch nicht dazu angeregt, Eure Lefzen beben zu lassen, obwohl auf meinem Weg eine regionale Spezialität der anderen folgt. Hier Gewürzgurken, dort Eisbein. Zahlreiche Gastgeber stellten mir Rezepte vor, die mir bis jetzt völlig unbekannt waren. Deshalb an dieser Stelle das Rezept für eine Soljanka. Sie ist wirklich leicht zuzubereiten - für alle diejenigen, die mit Cordon Bleu Probleme haben. -300 g Räucherwurst mit Knoblauch Wurst und Salami in einer Pfanne anbraten, Na dann, an den Herd! |